Isele vu Saderlach
Zum 40. Todestag von Lehrer Andreas Eisele
Auszug aus dem rotem Buch „Saderlacher 1937-1987” von Johann Burger mit freundlicher Genehmigung des Autors
Andreas Eisele, der ,Isele vo Saderlach’ (15.10.1903 — 17.7.1980) Lehrer Eisele war einer der bekanntesten Söhne unserer Heimatgemeinde. Geboren in Saderlach als Sohn eines Schmiedes, verbrachte er seine Kindheit in der dörflichen Umgebung, die ihn zeitlebens prägen sollte. Von 1915 bis 1919 besuchte er das Piaristengymnasium in Szegedin, wo er stundenlang an den Ufern der Marosch saß, von Heimweh und Sehnsucht nach seinem Dorfe geplagt. Doch nach dem Willen seines Vaters sollte der aufgeweckte junge einen kaufmännischen Beruf erlernen. So absolvierte er zunächst ein Handelspraktikum als Vorbereitung für die Höhere Gewerbeschule. Die Umwälzung nach dem Ersten Weltkrieg und der Anschluß an Rumänien führten ihn schließlich in die Deutsche Lehrerbildungsanstalt nach Temeschburg. Eigentlich wäre er gerne Schmied wie sein Vater geworden, jetzt wurde er Lehrer und sollte zukünftige Generationen schmieden. Kurzzeitig als Vertreter in Kalatscha tätig, wurde er 1925 von der Saderlacher Kirchengemeinde zum Kantorlehrer berufen. Aus einem angeborenen Fortbildungsdrang heraus nahm er 1928 an einem internationalen Sprachkurs der Universität Marburg a.d. Lahn teil, knüpfte erste freundschaftliche Bande zur Urheimat. In den dreißiger Jahren wuchs er zum geistigen Führer seiner Heimatgemeinde, wurde Schuldirektor und Koordinator der gesamten Jugendtätigkeit. Er leitete den Kirchenchor, den Männergesangverein und den 1925 gegründeten Jugendverein. Neben Pfarrer Siebenhaar wurde er zum Organisator einer großen Banatdeutschen Jugendtagung anlässlich der Einweihung des Saderlacher Jugendheimes (1929). Bei dieser Gelegenheit wurde in Saderlach der VA ,Deutsche Banater Jugendbund‘ gegründet. Lehrer Eisele war mit seinen Chören bei vielen Festveranstaltungen im Banat dabei. Gemeinsam mit seiner Frau Maria geb. Spießländer und einer kleinen Gruppe Saderlachern war er Gast des ,Badischen Welttages’ in Karlsruhe (1930). Als Gäste der Vereinigung ,Alt-Waldshut’ besuchten sie ihre Schwarzwälder Urheimat und nahmen in Waldshut an einer gemeinsamen Feier teil. Hier begegneten sie den Heimatforschern Pfarrer Jakob Ebner, Baumeister Hans Albiez, Prof. Eugen Wassmer, Hermann Kraft und anderen verdienstvollen Persönlichkeiten. Wieder in der Heimat, wurde Lehrer Eisele zum verantwortlichen Mitorganisator der 200-Jahrfeier. Im Namen Saderlachs richtete er 1937 über den ,Alb Boten’ einen Aufruf an die Schwarzwälder Heimat, dem dann tatsächlich vier Reisegruppen Folge leisteten. In dieser Zeit war er nicht nur im Vorbereitungs-ausschuß der 200-Jahrfeier, er wurde auch zum engsten Mitarbeiter Prof. Künzigs und Mitautor der volkskundlichen Dokumentarfilme, die über Saderlach entstanden —die ersten ihrer Art im Banat. Beliebt und als gestrenger Pädagoge geschätzt, war es nicht verwunderlich, dass er auch im Verband der Deutschen Lehrer des Banats eine integrative Rolle spielte. Die Russlandverschleppung (1945-47) ging auch an ihm nicht vorbei, mit angeschlagener Gesundheit kehrte er heim. Einige Jahre lebte er in Saderlach, doch schon 1951 erfolgte seine Berufung nach Neuarad an die neugegründete Pädagogische Lehrerbildungsanstalt. Hier unterrichtete er Pädagogik und Naturkunde, seine praktischen Lehrgänge prägten Generationen von Lehrern. 1963 trat Eisele-Lehrer in den verdienten Ruhestand und widmete sich nun seiner alten Leidenschaft, der Volkskunde. Wer hat ihn nicht in all den Jahren gesehen — stets mit dem Fahrrad nach Saderlach kommend, zu seinen Bienen — eigentlich mit Bienenfleiß immer neue Geschichten sammelnd. Als ,Isele von Saderlach’ kannte man ihn nicht nur im Banat, sondern auch in der Schwarzwälder Heimat. Der Verein für Alemannische Sprache (,,Muettersproch-Gesellschaft“ —' Freiburg) hatte ihn zum Mitglied ernannt und ihm einen Nachruf gewidmet. Er blieb zeitlebens ein Ur-Saderlacher, auch wenn er seine letzten Lebensjahre in der Nachbarschaft verlebte. Sein ganzes Sinnen und Streben galt der dokumentarischen Festschreibung des Vergehenden. Das Nachkriegssaderlach war ihm fremd geworden, sein Lebenswerk zerstört. Die deutsche Volksschule gab es nicht mehr, so musste es für ihn sehr bitter gewesen sein, die gewaltsamen Änderungen miterleben zu müssen. Die letzten Lebensjahre verbrachte er in der Hoffnung, noch einmal den Schwarzwald sehen zu dürfen, doch alle seine Anträge wurden von den Behörden abgewiesen. Sein früher Tod hat uns eines wertvollen, ja unersetzbaren Mitarbeiters beraubt. Sein Mittwissen wäre von unschätzbarem Wert gewesen. So wollen wir ihm als Zeichen der Würdigung seiner Verdienste um Saderlach ein Denkmal setzen und haben in diese Festschrift einige seiner in Saderlacher Mundart geschriebenen Erzählungen übernommen. Sein Wirken soll in unserer Erinnerung weiterleben.
Andreas Eisele, ein Saderlacher, der nicht mehr unter uns weilt. Aufgeschrieben von Irmgard Triess (Tochter, geb. Eisele) Am 17. Juli 2020 jährt sich zum 40. Mal sein Todestag. Obwohl ihm nicht vergönnt war, in seiner geliebten Heimat zu bleiben, blieb er mit dem Herzen immer ein Saderlacher. Er wurde am 15.Oktober 1903 in Saderlach geboren. Er hatte zwei Brüder und eine Schwester. Sein Vater Andreas Eisele war Schmiedemeister, seine Mutter Maria, geborene Eisele, Hausfrau. Nach der Grundschule besuchte er 1919 das Piaristengymnasium in Szegedin. Anschließend entschloss er sich Lehrer zu werden und frequentierte die Deutsche Lehrerbildungsanstalt bis 1924 in Temeswar. Von 1927 bis 1944 war er Kantorlehrer und Schuldirektor in Saderlach. Er war immer bestrebt neue Eindrücke und neue Methoden für seine schulische Tätigkeit zu gewinnen. Während dieser Zeit nahm er 1928 an einem internationalen Sprachkurs der Universität Marburg a. d. Lahr teil. 1930 schloss er sich einer Gruppe Saderlachern an, die an einer „Banater Tagung“ teilnahmen und unternimmt mit diesen eine Reise durch den Schwarzwald zwecks vergleichender Mundart- und Volkskundeforschungen im alemannischen Raum. 1937 war er einer der Hauptveranstalter der großangelegten Zweihundertjahrfeier Saderlachs. Zusammen mit Dr. Johannes Künzig (Freiburg) arbeitete er an einer der schönsten, umfassendsten und auch heute noch beispielhaften Ortsmonografie. Er war Mitautor der damals gedrehten Volkskundefilme – sie zählen zu den ersten dieser Art in banatschwäbischen Dörfern -, die später in vielen Ortschaften vorgeführt wurden, zuletzt 1974 in Temeswar bei der internationalen Tagung für Volkskundefilme. Die dunkelsten Jahre seines Lebens waren die in den Kohlengruben Russlands. Mit viel Glück kehrte er wieder nach Saderlach zur Familie zurück. Da die deutsche Schule in Saderlach aufgelöst wurde, folgte er dem Ruf des Schulamtes im Jahre 1951 als Lehrer an der Deutsche Pädagogische Lehranstalt Arad anzutreten. Seine Fächer waren Pädagogik, Psychologie, Logik, Naturkunde, Praktische Pädagogik und Methodik. Mit schwerem Herzen verließ die Familie Saderlach und zog nach Neuarad, wo er sich nie zuhause fühlte. Im Jahre 1952 wurde er mit vielen anderen Lehrern und Geistlichen in Untersuchungshaft genommen, die aber nach fünf Monaten zu Ende war und er seine Tätigkeit fortsetzen konnte. Seine schönsten und erfolgreichsten Jahre verbrachte er in Saderlach. Da er sehr naturverbunden war, nutze er sein Talent und malte mit Vorliebe Ruinen, alte Mauerabschnitte und Vögel im Flug. Seine Ideen bekam er an den Ufern der alten Marosch. Leider wurden die Bilder und Mappen bei der Plünderung mitgenommen und wir sahen sie nicht mehr. 1963 trat er in den Ruhestand; blieb aber auf Abruf mit der Schule in Verbindung und wurde als Vertretungslehrer gerne eingesetzt. Literarische Tätigkeit: Andreas Eisele war weiterhin literarisch tätig und veröffentlichte Volksgut aus seiner Heimatgemeinde in der „NBZ“, im „Neuen Weg“ Rumänien und in Publikationen im Ausland, so in den Monatsheften der „Muettersproch“- Gesellschaft, deren Mitglied er war, unter dem Pseudonym „Isele vo Saderlach“. Er war als Mundartforscher bekannt, da er die alemannische Mundart der Saderlacher ins Hochdeutsche übersetzte und zum Vergleich und besseren Verständnis die alemannische Mundart dem Mittelhochdeutschen und dem Hochdeutschen gegenüberstellte. Er erhielt 1976 den ersten Preis beim Wettbewerb für Volksgutsammlung (NW). Familie und seine letzten Jahre: Andreas Eisele heiratete im Jahre 1930 seine Frau Maria, geborene Spießländer. Sie bekamen zwei Töchter, Hedwig und Irmgard, die ebenfalls die Lehrerlaufbahn einschlugen. Er starb im Alter von 77 Jahren, am 17. Juli 1980 in Neuarad. Im Laufe der letzten Jahre seines Lebens stand er in reger Verbindung mit dem „Isele-Verband“ Waldshut in der BRD, erhielt Einladungen zu Vorträgen und Veranstaltungen, konnte sie aber nicht wahrnehmen, da die politische Situation in Rumänien es nicht zuließ. So war es ihm nicht mehr vergönnt die alte Heimat seiner Vorfahren noch einmal zu sehen, die er in seinen jungen Jahren durchschritten, erforscht und liebgewonnen hatte.